Albabtrieb früher als geplant...

Der Almabtrieb findet normalerweise Ende September statt, wenn’s in den Bergen kalt wird und der erste Schnee droht. Dieses Jahr lief aber alles anders als geplant: Mitten im Urlaub bekam ich den Anruf, dass der Abtrieb schon am 10. September startet – 

ab auf die Schlafalm auf 1850 Meter, und drei Tage später dann runter ins Tal. Also raus aus der Urlaubswärme, in Ulm noch schnell alle warmen Klamotten zusammengekratzt, die ich finden konnte, und direkt ab nach Tirol!

kurze Zusammenfassung als Video

Der nächste Morgen

Am nächsten Morgen wach ma auf und siehe da: Schnee. Im September! Das war das untrügliche Zeichen, dass die Zeit gekommen is’, die Kühe endgültig ins Tal zu treiben. Um 7 Uhr hockten schon drei weitere Bauern beim Frühstück beisammen. In Tirol weiß ma ja: Ein Bier is so gut wie zwei Semmel, also hat jeder seine "zwei Semmel" getrunken – sprich zwei Bier – und dann gings los!

Der Hirtenhut mit den Blumen wurde aufgesetzt, der Almöhi auf der Weide wie ein echter Dirigent, und kaum hat er zu rufen angefangen, haben alle Kühe im Chor zurückgemuht. Wahrscheinlich als "Hey, Kälber, aufwachen, es geht los!" Also, 16 Kilometer mit den Muh-Maschinen ab ins Dorf

Unten im Dorf angekommen, wurden die Kühe auf eine kleine Wiese gebracht, wo sie sich erstmal ausruhen konnten. Die Bauern kamen dann nach und nach zusammen, um mit uns Hirten anzustoßen – schließlich war alles gut gegangen! Diesmal blieben die Kühe aber "nackert", ohne ihren Blumenschmuck, weil das Wetter so frostig war. Den Kühen wollte ma bei der Kälte den zusätzlichen "Schmuckstress" nicht antun. Das wurde dann auf zwei Tage später verschoben – mit weniger Frost und mehr Festlaune!

Unten angekommen, wurden die Kühe von den Bauern auf ihre Höfe mitgenommen, aber gefeiert wurde trotzdem! Kein Grund, auf ein paar Bier und ein fröhliches Anstoßen zu verzichten

1 Tag vor dem Schmücken

Einen Tag vor dem großen Schmücken bin ich aufgewacht – und was war vor der Tür? Meterweise Schnee! Als wär's mitten im Winter. Doch das war nicht alles: Kein Strom, kein Wasser, und natürlich – kein Empfang. Kein Internet, keine WhatsApp-Gruppe, nix! Also hab ich die anderen geweckt, und wir haben erstmal ein Feuer gemacht, um uns warmzuhalten. Kommunikation? Naja, über Funk natürlich – zur Alm rüber, wo die Gastro war. Kurz darauf kam ein Helfer mit Skiern den Berg hoch, um uns aus den Schneemassen rauszuschaufeln. Und da fragten wir uns alle: Ob wir morgen überhaupt zum Abtrieb durch die Stadt kommen, oder hier feststecken?

Überraschung

Der Almöhi hatte wohl gemerkt, dass die Schafe und ich in der kurzen Zeit beste Freunde geworden waren. Als Überraschung meinte er dann: „Nimm die zwei kleinen Schäfchen mit ins Dorf! Das bringt mal Abwechslung zu den Kühen.“ Klar, warum nicht? Aber natürlich brauchten wir Schmuck für die Schafe, sonst durften wir nicht mitlaufen. Blöd nur, dass alles eingeschneit war. Also sind ich und ein weiteres Mädchen, dass dort gearbeitet hatte um die Alm gestapft und haben tatsächlich ein paar Blumen unter dem Schnee ausgegraben. Dazu kam der Baum vom Almöhi dran – aus seiner Sicht „verunstaltet“, aus unserer Sicht „ordentlich zurückgeschnitten“. Ohne viel Plan haben wir da unser Bestes versucht!

Auch die Schafe haben bei dem Schnee ordentlich gefroren, also mussten wir sie von der Weide in den Stall bringen, wo es wärmer war und genug Futter auf sie wartete. Als wir sie gerufen haben, war’s sofort klar, welche die Jungspunde waren – die kamen angedüst, als hätten sie’s eilig zur nächsten Party!

Der Tag der Tage

Also ging’s los: Gemeinsam mit den Schafen im Kofferraum ab ins Dorf, wo ihnen feierlich die Kränze umgelegt wurden – die Kühe bekamen ihre großen Gestecke gleich mit dazu. Plötzlich hieß es: „Die zwei Mädels mit den Schafen führen den Umzug an!“ Ausgerechnet wir, die nicht den blassesten Schimmer hatten, wohin wir eigentlich laufen sollten. Also stapften wir voraus, mit der Hoffnung, dass die Schafe keinen Blödsinn machen. Ein bisschen schieben mussten wir sie schon, aber am Ende haben wir den Weg gefunden – und die Dorfbewohner waren ganz aus dem Häuschen, dass wir die Schäfchen dabei hatten

Weil wir uns mit den Schafen so richtig angefreundet hatten, meinte der Almöhi, wir könnten sie mitnehmen, wenn wir Platz haben. Andernfalls müssten sie nächste Woche dran glauben. Da die Schafe brav an der Leine liefen, kam mir die geniale Idee, sie in Stuttgart spazieren zu führen – wie echte Stadthunde! Leider musste ich einsehen, dass Schafe in der Großstadt eher wie exotische Tiere im Zirkus wirken. Also bleibt’s dabei: Ein Schaf gehört auf die Alm und nicht auf den Gehweg.

Ein letztes mal die Schafsgesichter am Morgen